Reise zum Dach der Welt

Mittlerweile haben wir fast 44 Stunden Zugfahrt hinter uns und nähern uns unserem Ziel Lhasa. Die Qinghai-Tibet-Eisenbahn mit einer Gesamtlänge von 1956km erstreckt sich von Xining, Hauptstadt der Provinz Qinghai, bis nach Lhasa, Hauptstadt des autonomen Gebiets Tibet. Sie ist die höchstgelegene Eisenbahnstrecke der Welt!! 960km der Strecke liegen mehr als 4000m über dem Meeresspiegel. Unser höchster Pass lag bei 5070m!!

Der Abschied in Beijing fiel uns wegen monsunartiger Schauer am Sonntagnachmittag nicht schwer. Den Vormittag hatten wir noch genutzt, um ins Olympische Viertel zu fahren und uns das ‚Vogelnest‘ anzusehen. Sehr beeindruckend aber schon ganz schön runtergekommen.

Am Abend waren dann alle unsere Plünnen in unseren Rucksäcken verstaut, die Stimmung aufgeregt, endlich wieder ‚on the road‘ zu sein – ab ging es in strömendem Regen zur Beijing West Railwaystation.

Zug gefunden!!   Zugschaffner

Dort war unglaublicher Weise wirklich alles auf Chinesisch. Wir und ein französischen Backpackerpaar hatten arge Probleme, überhaupt die Gleise zu finden. No information, no englisch…NOTHING. Wie gut dass wir zwei Stunden vor Abfahrt des Zuges bereits am Bahnhof waren. Dann klappte es doch noch und wir haben Zug No.T27 to Lhasa gefunden. JUHU!! Das Abenteuer konnte beginnen. Die chinesischen Übernachtzüge sind eingeteilt in Softsleeper (1st class), Hardsleeper (2nd class) und Softseater (Sitzplätze). Aus Kostengründen und weil wir ja einiges von Zugfahrten in Indien gewöhnt sind, haben wir uns für Hardsleeper entschieden. Vielleicht nicht die weiseste Entscheidung, aber zumindest befinden wir uns nun mitten im chinesischen Zugfahrtabenteuer und nicht wie alle anderen Westeners (Ausländer) im Softsleeper. Unser Hardsleeper zeichnet sich durch unglaublich brettharte Betten aus, sechs in einem Abteil ohne Tür. Und wie sollte es anders kommen, wir waren noch nicht mal im gleichen Abteil untergebracht. Ich 48 Stunden ohne Nils – keine gute Idee. Floh allein unter Chinesen… Also hieß es, mit Händen und Füßen den Mitbewohnern klar zu machen, dass wir unbedingt in ein Abteil wollen. Eine Stunde später und scharademäßig unser bestes gebend, fanden wir uns endlich gemeinsam in einem Abteil wieder, natürlich die Betten ganz oben unter der blasenden Aircondition. Perfekt. Aber zumindest zusammen. Jetzt konnte die Fahrt losgehen…

Da wir ja Sonntagabend abgereist sind, haben wir von der Landschaft nicht viel gesehen. Der Zug war noch gar nicht losgefahren, da fingen sämtliche Chinesen schon an, ihre Essensvorräte der nächsten drei Tage herauszuholen und sich diverse Suppen, Tees und andere Sonderbarkeiten zuzubereiten. Wir schlossen uns dem an und kochten uns eine leckere ‚beef flavoured soup‘ aus dem zuvor gekauften Trockenbottich. Herrlich angepasst an alles um uns herum. Trotzdem wurden wir weiterhin wunderlich angeschaut, teilweise ignoriert oder belächelt. Mittlerweile nach zwei gemeinsamen Tagen auf engstem Raum haben wir uns auf einander eingestellt, werden morgens mit einem Lächeln begrüßt und ab und zu sogar mit einem scheuen ‚hello‘ gefolgt von leisem Gekicher der kleinen Mädels im Zug. Es wurde bereits um 22Uhr das Licht ausgemacht und alle Chinesen sind schlafen gegangen. Dafür hieß es dann aber auch um 5.30Uhr schon wieder aufstehen und Essen kochen. So lecker Suppe und allerlei Getier dazu ist nun wirklich nicht das, was man sich als Europäer morgens um 5.30Uhr zum Aufstehen wünscht. Egal, wir sind ja hier, um andere Kulturen kennenzulernen. Das tun wir hiermit! Leider war dank der vielen chinesischen Freunde unserer Abteilmitbewohner tagsüber kein Sitzplatz für uns zur Verfügung und so machten wir uns von Coach No12 auf die Suche nach dem Restaurant, dass es angeblich geben sollte. Silke, danke noch mal für dein Zeigewörterbuch, dank des Zeichens mit Messer und Gabel haben wir tatsächlich das Restaurant in Coach No7 gefunden. Passieren mussten wir auf dem Weg allerdings 4 Waggons Softseater vollgestopft mit Menschen über Menschen, übereinandergestapelt, auf dem Boden liegend. So sieht also die Holzklasse in chinesischen Überlandzügen aus. Im Bordrestaurant angekommen gab es dann ‚freezing cold aircon‘ aber auch die tollsten Fensterplätze, Cola und lecker Kaffee zum Frühstück.

Zeichensprache1   Bordrestaurant   Buch         Zaehneputzen

Seither verbringen wir unsere ganze Zeit dort, haben schon Freundschaft mit den Kellner geschlossen und genießen dabei die wundervolle Landschaft. Es wird immer bergiger, einsam ohne Ende, vereinzelt ein paar Yakheerden und ein paar Seen. Den Pass von über 5000m haben wir bereits hinter uns.

Landschaft China   Landschaft Tibet

Wir sind ja davon ausgegangen, dass den Waggons automatisch Sauerstoff zugeführt wird. Tja, dem ist natürlich nicht so. Wer Sauerstoff benötigt, muss sich eine Maske holen und kann diese dann an extra dafür vorgesehenen Buchsen anschließen. So akklimatisieren wir uns gerade mit viel Wasser und Tee an die unglaublichen Höhen von über 5000m in dieser so wundervollen Landschaft. Uns bleibt alle paar Minuten die Luft weg vor unerwartet traumhafter Blicke auf schneebedeckte Berge, Wolken durch die wir einfach mit dem Zug durchfahren und Seen soweit das Auge reicht…Das ist der wohl schönste Arsch der Welt, den wir je gesehen haben.

Berge Tibets   schneebedeckte Berge

Es liegen jetzt noch ca. 6 Stunden Fahrt vor uns, bis wir endlich Lhasa erreichen werden. Wären wir von Beijing nach Lhasa geflogen, hätten wir wohl kaum so viel erlebt, erfahren und gesehen. Wir sind gespannt, auf das was uns in Tibet erwartet.

Lhasa, 08.07.2009

Wir sind angekommen!!! Uns macht die Höhe von 3658m hier in Lhasa ganz schön zu schaffen. Die Luft ist so unglaublich dünn hier oben. Darum haben wir unseren day off auf heute verlegt und akklimatisieren uns mit Ingwertee und viel Ruhe bis es dann morgen als erstes zum Potala Palace geht!!

Andy und Friso, wir freuen uns riesig, dass ihr die EBC Tour gebucht habt. Geht vorher aber lieber noch mal ins Hoehentrainingslager 😉

One thought on “Reise zum Dach der Welt

  1. Hey ihr 2 Abenteurer! Wow, ich beneide Euch um all die Erlebnisse und bin wahnsinnig stolz auf Euch, wie ihr das alles meistert! Ich flieg in 2 Wochen nach Ecuador – Minibackpackreise für 14 Tage :-) Passt auf Euch auf! Freu mich jetzt schon riesig auf November !! 1000 KIZZEZ aus BONAIRE

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