Welcome to Kathmandu

Empfangen wurden wir in Nepal mit ausgebreiteten Armen…es fühlt sich an, als würden wir auf eine bestimmte Art nach Hause kommen…

Aber erstmal von vorne…

Am Sonntag ging es in Lhasa nach einem schönen Dachterrassenfrühstück recht früh morgens los. Samt Guide und unserem super Fahrer fuhren wir ein letztes Mal durch die Stadt, entlang am Potala Palace hinaus ins tibetische Hochland. Die Gesamtstrecke von Lhasa zur nepalesischen Grenze Zhangmu beträgt ca. 900km.

Frühstück auf der Dachterrasse     Potala Palace

Derzeit ist es nicht möglich als Individualreisender durch Tibet zu reisen. Man bekommt vor allem keine Permit, und ohne Permit kannst du nicht einmal eine Tempelanlage oder ein Museum besuchen, geschweige denn die Grenze nach Nepal passieren. So muss man nun also eine ‚Gruppe‘ bilden. Gruppe kann auch ein einzelner Reisender sein, allerdings benötigt man einen Guide und einen Fahrer samt Wagen. Wir haben also unsere eigene kleine Gruppe zu zweit gebildet, 10 Tage Tibet bis zum Grenzübergang nach Nepal. Das hat wirklich alles wunderbar geklappt, auch wenn es derzeit kein Schnäppchen ist, nach Tibet zu reisen. Aber wer weiß, wann man wieder die Gelegenheit bekommt, dass Land zu bereisen?!

Wir fuhren also am Sonntag als erstes ca. 260km auf dem Friendship Highway Richtung Gyantse (‚Königlicher Gipfel‘), einer kleinen tibetischen Stadt, die ehemaliger Umschlagplatz für Yak- und Schafswolle war, was kaum vorstellbar ist bei dem kleinen Dorf auf 4.040m Höhe, das heute durch seine chinesischen Betonbauten gekennzeichnet ist. Auf dem Weg dorthin konnten wir uns kaum sattsehen an dem wunderschönen Bergpanorama mit schneebedeckten 7.000ern um uns herum. Noch waren die Strassen wunderbar geteert, alles suppi und unser Fahrer konnte trotz 40kmh Speedlimit mit fast 100 Sachen durch die kurvige Landschaft kacheln. Eines muss man ihm lassen, er hat uns lebend bis zur nepalesischen Grenze gebracht, trotz der widrigen Strassenverhältnisse!

Himmel überm Hochland    Fahrer, Nils&Guide 

Erstes absolutes Highlight war die Fahrt zum Yamdrok Pass hinauf, eine enge endlos in den Hang gewundene Strasse mit Blick ins Tal. Oben am Pass angekommen auf ca.4.900m Höhe eröffnete sich uns der wundervolle Blick auf den längsten See Tibets, den Yamdrok Lake. Das war mehr als beeindruckend dort oben zu stehen und auf den See herunter zu schauen. Der See breitet sich in Form eines Skorpions aus und misst von Ost nach West über 130km und zählt zu den drei heiligen Seen Tibets. Die Strasse führte nun entlang des Sees und wir entdeckten die besten Kitespots am See, Flachwasser, viel Wind und eine atemberaubende Umgebung. Naja, nicht ganz so gut angebunden wie St Peter Ording, aber das ist mal was besonderes: Kitesurfing in Tibet! Falls es mit der Architektur irgendwann nicht mehr klappen sollte, machen wir hier unser Business auf 😉

Pass am Yamdrok Tso     Floh u. Fricke am Yamdrok Tso

Nach dem Lunch ging es weiter nach Gyantse, wo wir uns die Tempelanlage ‚Pälkhor Chöde‘ ansahen mit der einzigen in Tibet erhaltenen ‚Kumbum Chörten‘, der ein dreidimensionales, begehbaresMandala darstellt. Nett. Bis spätestens 18Uhr allerdings mussten wir Shigatse noch erreichen, um uns dort die wunderschöne Tempelanlage  Tashi Lunpho (‚Berg des Glücks‘) anzusehen. Und da wir bereits so spät dort waren, hatten wir die Anlage fast für uns alleine. Danach gab es noch lecker Dinner und ein kühles Local Beer in einem netten Restaurant, danach ab ins Hotel. Unser Guide hatte uns schon beim Essen gesagt, dass er einen ‘very nice room‘ für uns bekommen hatte-wir waren gespannt. Das Hotel war recht abgewrackt (da wussten wir noch nicht, wie die folgende Nacht sein würde!) aber unser Zimmer war tatsächlich die Präsidenten Suite mit Wohnzimmer und Schlafzimmer, das Bett breit wie lang…das Licht funktionierte kaum, die Dusche gar nicht…nun gut, so ist es halt in den rural areas of tibet.

calling buddha     Floh und fricke

protector     tibetische Frau

Uns war vorher nicht wirklich klar, dass wir den folgenden Tag über 500km im Auto verbringen würden und dass es unglaublich anstrengend werden würde bei diesen tibetischen Strassenverhältnissen. Die ersten Stunden waren wunderschön, gewundene Strassen über Pässe bis zu 5.300m Höhe, weite Landschaft, traumhafte Ausblicke und 8.000er um uns herum. Und mit einem Mal lasen wir ein Schild: Mt. Everest Base Camp turn left! Und da lag er auch schon vor uns, der höchste Berg der Welt!! Majestätisch eingerahmt von schneebedeckten Bergen, umhüllt von einer recht dichten Wolkendecke schaute der Gipfel des Mt. Everest heraus!!! WOW! Wie auch damals in Darjeeling hatten wir das Glück, den wunderschönen Berg aus nächster Nähe zu sehen. Das bedeutet hoffentlich weiterhin viel Glück für unsere Reise!

Pass     Mt. Everest

Springfloh     Gebetsfahnen

Mit dem guten Gefühl, dass sich uns der höchste Berg der Welt gezeigt hat fuhren wir weiter gen nepalesischer Grenze. Gegen Mittag machten wir zum Lunchen halt in einem Kaff, das lediglich aus einer Strasse mit ein paar heruntergekommenen Häusern, ein paar Rudeln wilder Hunde und dem Snowland Hotel bestand. Das Hotel war mehr oder weniger eine Behausung, mehr nicht. Wir wurden also in einen Raum geführt, in dem lauthals chinesisches Fernsehen auf tibetisch übersetzt lief. Es gab Vegetable fried rice und chow mein, das allerdings von sonst woher gebracht wurde und auch so schmeckte. Das Klo bestand mal wieder nur aus einer Hütte mit einem Loch im Boden und zwei Meter darunter tanzten die Fliegen Tango auf der Scheisse der letzten drei Wochen. Gut dass wir vorher gegessen hatten.

mittag     Rapsfeld

Wir waren froh, diesen gruseligen Ort zu verlassen. Kurz hinter dem Ortsausgang gab es mal wieder einen Checkpoint. Chinesische Soldaten kontrollieren die Pässe und Permits. Während unser Guide also alles Formelle regelte, bemerkten wir zwei Backpacker, die am Strassenrand neben unserem Wagen hockten. Was machen zwei Backpacker ohne Auto ohne alles in the middle of nowhere?? Eine viertel Stunde später saßen die beiden Russinnen Ola und Masha bei uns im Wagen und wir fuhren gemeinsam Richtung nepalesischer Grenze. Die beiden durchgeknallten Russinnen sind aus dem Ural und sind seit Wochen mit dem Zelt quer durch Rußland, China und Tibet unterwegs, ohne Permit natürlich und nur mit Hitchhiking. Auch wenn beide wenig Englisch sprachen, hatten wir doch irgendwie viel Spaß zusammen, haben  uns Reisegeschichten erzählt, Olas wundervolle Fotos angeschaut (Ola ist Fotografin und hat mehr Objektive als Schlübber dabei) und gemeinsam die wunderschöne Landschaft genossen.

Ola und Masha     alle-zusammen

Am Nachmittag dann der erste ungewollte Stop: road construction work. Nun gut, dann warten wir halt ein Weilchen. ‘only 15 minutes, then we can go ‘ sagte unser Guide hoffnungsvoll. Das Weilchen weitete sich zu mindestens 3 Stunden aus, da wir erst warten mussten, bis die Strasse geteert war und alle Arbeiter nach Hause gingen. Mittlerweile war es 19Uhr und wir hatten noch richtig Strecke vor uns.

bus     Haarewaschen

kleiner Junge     tibetische Frau

Einige Zeit später erreichten wir die Ortschaft Nyalam. Sie liegt sozusagen am Ende des tibetischen Hochplateaus, wo alles noch karg und verlassen ist und von wo aus sich eine schmale Strasse eine grüne, tropische Schlucht von 5.000m Tiefe entlang des Hangs hinunter nach Nepal windet. Der Kontrast könnte nicht grösser sein, wie zwei verschiedene Welten wirkte das Erreichen der Schlucht mit seinen hunderten Wasserfällen, Bananenstauden am Strassenrand und dem plötzlichen feuchttropischen Klima. Die Strassenverhältnisse an sich sind schon absolut miserabel dort, aber nun während der Monsunzeit sind Teilabschnitte der Strasse kaum passierbar. Und neben unserem Autoreifen ging es stets mehrere tausend Meter tief in die enge Schlucht hinunter. Unweigerlich war man an die Strasse in Bolivien nach Coroico hinunter erinnert.

Aber unser Fahrer meisterte jede noch so enge Kurve und jeden Wasserfall, auch wenn es draußen mittlerweile stockduster wurde und wir bei dem funzeligen Scheinwerferlicht unseres Minivans kaum die Strasse erkennen konnten. Augen zu und durch, haben es ja bald geschafft – dachten wir. Gegen 20.30Uhr wurden wir ca. 10km vor dem Grenzort Zhangmu von einer endlosen Schlange on mindestens 50 Jeeps gestoppt. Wir liefen gemeinsam mit unserem Guide bis nach vorne und stellten fest, dass dort am Hang eine richtige kleine Strassenarbeiterstadt errichtet war mit Zelten und allem und dass dort eine Art Tunnel gebaut wurde, damit der Wasserfall während der Monsunzeit nicht immer die Strasse zerstört. Wie kleine Ameisen wuselten dort Arbeiter, Männer sowie Frauen, die mit Maschinen aus dem letzten Jahrhundert versuchten, diese Art Tunnel zu bauen. Wir richteten uns also darauf ein, dass wir ggf. die Nacht im Wagen verbringen müssten. Ola und Masha hatten bereits ihre Schlafsäcke herausgeholt und es sich hinten im Auto bequem gemacht. So versuchten wir wenigstens ein Auge zu zumachen. Ein paar Stunden später, gegen Mitternacht vielleicht, kamen uns plötzlich Jeeps entgegen. Die Strasse war also offen. Irgendwann konnten auch wir die Fahrt fortsetzen – endlich. Doch die Baustellenstrasse war fast nicht passierbar ohne 4WD und so schrabbelten wir mit dem Unterboden und Auspuff unseres Minivans über riesen Steine und fuhren durch  tiefe Schlammlöcher weiter die Strasse hinunter nach Zhangmu. Wir erreichen weit nach Mitternacht den Ort und stiegen in einem der schäbigsten Löcher ab, die wir bis dato gesehen haben. Dieser feucht modrige und muffelige Geruch nach Schimmel überall bescherte uns eine miese Nacht. Unser Abendbrot bestand auch nur aus einem Pott Trockensuppe und ein paar Keksen.

Wir waren mehr als froh, am nächsten Morgen auch ohne Frühstück im Bauch diesen Ort des Grauens zu verlassen.  Kurz unterhalb von Zhangmu war vor einer Brücke über die Schlucht der Grenzposten. Anstellen bei Foreigners! Die Schlange war nicht wirklich lang, ein paar Backpacker und eine riesige Reisegruppe aus Korea vor uns. Dies war übrigens der chinesische Grenzübergang, nicht der nepalesische Checkpoint und es wurde alles gefilzt auf der Suche nach verbotener Literatur oder irgendetwas Tibetischem. Bücher wie der Lonely Planet Tibet gehören zur verbotenen Literatur und werden umgehend konfisziert. So versuchte Nils unseren Tibetreiseführer ganz unten in Rucksack zu verstecken. Glück gehabt. Nach drei endlosen Stunden, aber auch netten Gesprächen mit anderen Backpackern aus Schweden, Holland und der Slowakei, verabschiedeten wir uns von unserem Guide, drückten ihm unser letztes chinesischen Geld in die Hand und überquerten mit einem guten Gefühl die Brücke über die Schlucht nach Nepal.

Zhangmu     Grenzübergang

Nils&Kabir     way to kathmandu

Zuvor hatten wir beim Schlangestehen einen nepalesischen Typen kennengelernt, der in Kathmandu lebt. Wir machten gleich mit ihm aus, gemeinsam ein Taxi (4WD) für die 4stündige Fahrt nach Kathmandu zu nehmen. Er wurde allerdings eine Stunde vor uns einfach an der Gepäckkontrolle durch gewunken. Er hatte aber tatsächlich am anderen Ende der Brücke auf uns gewartet, hat mit uns den nepalesischen Checkin am Grenzübergang gemacht und einen Fahrer organisiert. Nach dem Visacheck fanden wir uns umgehend in der Krankenstation wieder mit einem pekigen alten Fieberthermometer unterm Arm, das wohl schon unter hunderten nepalesischer Achseln an dem Tag klebte, ohne gesäubert worden zu sein. Nun gut. 97 Fahrenheit wurde in meinen Pass geschrieben. Keine Schweinegrippe. Und Nils? Wie ein Wunder war sein Fieber seit wir die Höhe verlassen hatten weg. Wir wollten lieber nicht wissen, wie die Quarantänestation aussieht…

Ab in den Jeep Richtung Kathmandu. Unser netter Begleiter Kabir arbeitet als Personalmanager bei Radisson und ist wirklich ein feiner Kerl und wir haben viel über Land und Leute von ihm erfahren auf der Tour. Heut abend wollen wir uns auf ein Bierchen mit ihm treffen. Die Landschaft war wirklich wundervoll, alles grünt und blüht hier und es ist wieder buntes Treiben auf den Strassen. Der Kontrast zu Tibet wurde uns in diesem Moment erst richtig deutlich. Tibet wirkte sehr traurig, ein wenig düster und verlassen. Nepal hingegen ist unglaublich fröhlich, bunt und lebendig.

kathmandu valley

Nun sind wir also in Kathmandu, wohnen im Tibet Guest House und lassen mal Fünfe gerade sein…das haben wir uns verdient nach der Tour durch Tibet!!

Neue Fotos werden auch gerade bei Flickr eingestellt!!

Tashi Delek

Wer den Film Sieben Jahre in Tibet ueber Heinrich Harrers Zeit in Tibet und insbesondere in Lhasa (‚Stadt der Goetter‘) kennt, hat schon eine gewisse Vorstellung von Lhasa. Diese entspricht leider keineswegs mehr dem heutigen Bild und es macht einen recht traurig, zu sehen, dass die Stadt bereits von Chinesen bevoelkert ist. An jeder Strassenecke stehen chinesische Soldaten, die saemtliche Eingaenge zu Klosteranlagen, Tempeln oder auch nur vielbesuchten Strassenzuegen kontrollieren. (Fotos, auf denen ein chinesischer Soldat drauf war, mussten wir umgehend im Beisein eines Soldaten ohne Begruendung von unserer Kamera loeschen!!) Aber das Bild der Altstadt Lhasa scheint noch wie vor Jahren zu sein – einfach unglaublich faszinierend, trubelig und tibetisch!! Lhasa ist seit alters religioeses, politisches, kulturelles und wirtschaftliches Zentrum Tibets. Allerdings sind von den 230.000 Einwohnern Lhasas nur noch rund die Haelfte Tibeter, der Rest sind Chinesen, chinesischen Militaer wird nicht mitgezaehlt.

Angekommen am Bahnhof in Lhasa wurden wir tatsaechlich von unserem Guide abgeholt, landestypisch mit einem weissen Gebetsschal begruesst und ins Hotel gebracht. Schon beim Anstieg in den ersten Stock des Hotels wurde uns klar, dass wir uns auf 3.656m Hoehe befinden und dass das kein Zuckerschlecken werden wuerde. Darum haben wir uns am Mittwoch auch erstmal einen Day-off genommen und erst Donnerstag mit dem Programm begonnen. Unser erster Guide war ein junges tibetisches Maedel einer Nomadenfamilie, die leider so gut wie kein einziges Wort Englisch sprach. Das machte die Sache fuer uns natuerlich nicht wirklich informativ. Zudem hatte unser Fahrer wohl seinen ersten Tag im Verkehrschaos von Lhasa und direkt vor unserem Hotel war eine riesige 24Stunden Baustelle. Nach zwei schlaflosen Naechten riefen wir erstmal unsere Booking Agency an. Prompt nach zwei Stunden erhielten wir einen neuen Guide (suuuper Englisch!!!), einen neuen Fahrer und ein neues Hotel mit Zimmer zum Innenhof. Geht doch!!

Donnerstag morgen besuchten wir zuerst (noch mit altem Guide) den Sommerpalast des Dalai Lamas Norbulingka (‚Juwelgarten‘), der in eine 360.000qm grosse Parkanlage eingebettet im westlichen Teil der Stadt liegt.

Norbulingka

Dort sind die Raeume noch so belassen worden, wie der 14.Dalai Lama sie bei seiner ploetzlichen Flucht vor der chinesischen Armee verlassen hat. Auch hier wird man ueberall an die erschreckende Kulturrevolution erinnert. Wenn man die Augen schliesst, so hat man doch ein wenig das Gefuehl, wie es vor 50 Jahren einmal hier gewesen sein muss. Nach dem Lunch und ein wenig Ausruhen im Hotel haben wir dann am Nachmittag den Potala Palace (Winterpalast) besucht. Er erhebt sich auf dem roten Berg und erscheint als Manifestation einer uns unbegreiflichen Welt. Die Vorderfront ist rund 360m lang und rund 15.000 Saeulen tragen die Decken der (angeblich) 999 Raeume. Wie sehr habe ich mich auf das Erklimmen der 125 Stufen hoch zum Potala gefreut…da war mir noch nicht ganz klar, wie unglaublich anstrengend jede einzelne Stufe bei dieser duennen Luft sein wuerde 😉

Potala Palace

Die Blicke auf den Palast haben uns allerdings fuer all die Anstrengungen entschaedigt. Leider ist die Besucherzahl seit dem letzten Jahr auf 2300 pro Tag reduziert worden, wovon wir in der Tempelanlage allerdings reichlich wenig gemerkt haben. Eine chinesische Reisegruppe mit lauthals auf chinesisch keifenden Reiseleitern durchquerten die Tempelanlage in Scharen, waehrend wir zwei staendig auf der Suche nach einem ‚akustischen Timeout‘ waren. Leider leben heute nur noch sehr wenige Moenche im Potala, nicht mehr wie damals ca. 500 Moenche. Die Unmengen an Schaetzen, die sich in der Palastanlage befinden, sind ueberwaeltigend. Sie reichen von dreidimensionalen Mandalas, ueber zahlreiche Grabstupas der verstorbenen Dalai Lamas bis hin zu den Schlaf- und Wohngemaechern des im Exil lebenden 14. Dalai Lamas. Leider ist es im Potala Palace nicht erlaubt, Fotos zu machen, sodass uns nun die vielen Erinnerungen an die Stunden dort hoch oben 130m ueber der Stadt bleiben. Dennoch bleibt der Potala Palace ein Museum, dass zwar beeindruckend ob seiner Groesse ist, doch leider ist dort kein Leben mehr zu spueren in den Raeumen. Wer allerdings in Lhasa ist, sollte sich einen Besuch im Potala Palace nicht entgehen lassen!!

Der gestrige Tag sowie auch der heutige begannen um 6.30Uhr. (Nix da, acht Monate ausschlafen, solange man will!) Erst gab es ein leckeres Fruestueck auf der Dachterrasse unseres Hotels (YAK Hotel Lhasa) mit Blick auf den Potala Palace und die umliegenden Berghaenge. Samt Guide und Fahrer gings es dann zum Drepung Monastery (‚Reishaufen-Kloster‘), eines der drei wichtigsten Klosteranlagen des Gelugpa Ordens (Yellow Hats). Diese Klosteranlage lebt. Seit den Aufstaenden 2008 leben nur noch ca.200 Moenche hier oben. Alle zugereisten Moenche wurden im letzten Jahr in ihre heimatlichen Kloester zurueck geschickt. Dennoch ist dieser Ort so erfuellt vom Alltag des Moenchsleben, dass man am liebsten ein paar Tage dort bleiben moechte, um all diese Eindruecke in sich aufzunehmen.

Waschtag in Drepung     Drepung Monastery

Moench     Butterlampen

Zurueck in der Stadt besuchten wir den aeltesten Tempel Tibets den Jokhang Temple, das wichtigste Pilgerziel des Schneelands, Tibets Nationalheiligtum und pulsierendes Zentrum des tibetischen Buddhismus. Die Heiligkeit dieses Ortes ist zu spueren, wenn man sich mit dem Strom von surrenden Gebetsmuehlen und dem Gemurmel der Sutren leiten laesst. Vor dem Portal des Tempels werfen sich die Pilger immer und immer wieder, die Haende gefaltet, ausgestreckt zu Boden und sprechen OM MANI PADME HUM…egal wie alt und wie weit gewandert. Im Inneren des Tempels folgt man einfach dem Pilgerstrom von Kapelle zu Kapelle und laesst sich von dem allgegenwaertigen Geruch der Raeucherstaebchen und Butterlampen faszinieren…

Jokhang Temple     Pilgerstein Jokhang

Danach fuehrte uns unser Guide zu einem tollen Restaurant hinauf auf die Dachterrasse mit Blick ueber den Barkhor (Altstadt Lahsas) und einem leckeren ‚Nepali Set‘ fuer umgerechnete 2Euro. Das Essen hier in Tibet ist eh nicht wirklich teuer. Ein normales Gericht kostet zwischen 20 und 30 Yuan (2-3 Euro), solange man kein western food bestellt. Gestern Abend hatten wir dann aber doch Janker auf Pizza und haben uns fuer 48 Yuan eine leckere Salamipizza gegoennt. Tibetische Salamipizza 😉 Dazu trinken wir dann immer Altitude Relax Tea oder den guten alten Ingwertee.

Am Nachmittag besuchten wir das 5km noerdlich von Lhasa gelegene Sera Monastery (‚Wildrosenhof‘), in dem bei Ankunft gerade im ‚debating yard‘ die taegliche Debattierrunde der dort ansaessigen Moenche stattfand. Hier ueben die Moenche die Kunst des philosophischen Argumentierens und Debattierens. Die auf dem Boden Sitzenden Moeche sind die ‚Verteidiger“, die stehenden Moenche stellen die Fragen und sind damit die Herausforderer. Aufgabe fuer beide ist es, die Argumente des Gegner zu entkraeften und ihn in Widersprueche zu verwickeln. Es war ein wunderbares Erlbenis fuer uns, bei der Debattierrunde dabei zu sein. Heute leben dort von den einst ueber 6600 Moenchen nur noch ca. 800. Bekannt ist das Sera Monastery fuer seine drei Klosteruniversitaeten.

Debattieren     Debattieren

Moench Sera Monastery     Kette in Haenden

Heute stand eigentlich Namtso Lake auf unserem Programm, aber leider hat es dort oben begonnen zu schneien, sodass wir mit unserem Wagen den See nicht haetten erreichen koennen. Nun ja, so ist es mit der Natur. Hier in Lhasa sind es angenehme 25 Grad und dort oben auf 5000m schneit es. Planaenderung. Stattdessen haben wir das ca.50km entfernte Ganden Monastery (‚Das Freudenvolle‘) auf 4300m Hoehe besucht. Man war die Luft duenn dort oben. Fuenf Stufen – Luftholen – fuenf Stufen – Hinsetzten…nice view!! Die Klosteranlage schmiegt sich an den Berghang mit einem atemberaubenden Blick ueber die Taeler und kilometerweit entfernte Gipfel des Himalayas. Vor 1959 lebten bis zu 3000 Moenche in der Klosterstadt, die waehrend der Kulturrevolution systematisch zerstoert wurde. Dennoch war der Besuch die Anstrengung und die Kopfschmerzen wert. Ein Erlebnis, das wir nie vergessen werden!

Ganden Monastery

Jetzt werden wir gleich unsere Rucksaecke packen, noch ein bisschen Proviant besorgen fuer die naechsten drei Tage, Abendessen und dann ab ins Bett. Mittlerweile hat Nils sich auch wieder einigermassen berappelt. Seit dem ersten Tag in Lhasa ging es ihm zusehends schlechter, das volle Programm der Akklimatisierung. Seit gestern ist aber der Appetit zurueckgekehrt, nur das Fieber haelt sich hartnaeckig. Morgen frueh machen wir uns fuer drei Tage ueber das tibetische Hochland auf den Weg ins niedrig gelegene Kathmandu/Nepal. On the road again!!

tibetisches Kind     Frau mit Kind

TASHI DELEK!!

Reise zum Dach der Welt

Mittlerweile haben wir fast 44 Stunden Zugfahrt hinter uns und nähern uns unserem Ziel Lhasa. Die Qinghai-Tibet-Eisenbahn mit einer Gesamtlänge von 1956km erstreckt sich von Xining, Hauptstadt der Provinz Qinghai, bis nach Lhasa, Hauptstadt des autonomen Gebiets Tibet. Sie ist die höchstgelegene Eisenbahnstrecke der Welt!! 960km der Strecke liegen mehr als 4000m über dem Meeresspiegel. Unser höchster Pass lag bei 5070m!!

Der Abschied in Beijing fiel uns wegen monsunartiger Schauer am Sonntagnachmittag nicht schwer. Den Vormittag hatten wir noch genutzt, um ins Olympische Viertel zu fahren und uns das ‚Vogelnest‘ anzusehen. Sehr beeindruckend aber schon ganz schön runtergekommen.

Am Abend waren dann alle unsere Plünnen in unseren Rucksäcken verstaut, die Stimmung aufgeregt, endlich wieder ‚on the road‘ zu sein – ab ging es in strömendem Regen zur Beijing West Railwaystation.

Zug gefunden!!   Zugschaffner

Dort war unglaublicher Weise wirklich alles auf Chinesisch. Wir und ein französischen Backpackerpaar hatten arge Probleme, überhaupt die Gleise zu finden. No information, no englisch…NOTHING. Wie gut dass wir zwei Stunden vor Abfahrt des Zuges bereits am Bahnhof waren. Dann klappte es doch noch und wir haben Zug No.T27 to Lhasa gefunden. JUHU!! Das Abenteuer konnte beginnen. Die chinesischen Übernachtzüge sind eingeteilt in Softsleeper (1st class), Hardsleeper (2nd class) und Softseater (Sitzplätze). Aus Kostengründen und weil wir ja einiges von Zugfahrten in Indien gewöhnt sind, haben wir uns für Hardsleeper entschieden. Vielleicht nicht die weiseste Entscheidung, aber zumindest befinden wir uns nun mitten im chinesischen Zugfahrtabenteuer und nicht wie alle anderen Westeners (Ausländer) im Softsleeper. Unser Hardsleeper zeichnet sich durch unglaublich brettharte Betten aus, sechs in einem Abteil ohne Tür. Und wie sollte es anders kommen, wir waren noch nicht mal im gleichen Abteil untergebracht. Ich 48 Stunden ohne Nils – keine gute Idee. Floh allein unter Chinesen… Also hieß es, mit Händen und Füßen den Mitbewohnern klar zu machen, dass wir unbedingt in ein Abteil wollen. Eine Stunde später und scharademäßig unser bestes gebend, fanden wir uns endlich gemeinsam in einem Abteil wieder, natürlich die Betten ganz oben unter der blasenden Aircondition. Perfekt. Aber zumindest zusammen. Jetzt konnte die Fahrt losgehen…

Da wir ja Sonntagabend abgereist sind, haben wir von der Landschaft nicht viel gesehen. Der Zug war noch gar nicht losgefahren, da fingen sämtliche Chinesen schon an, ihre Essensvorräte der nächsten drei Tage herauszuholen und sich diverse Suppen, Tees und andere Sonderbarkeiten zuzubereiten. Wir schlossen uns dem an und kochten uns eine leckere ‚beef flavoured soup‘ aus dem zuvor gekauften Trockenbottich. Herrlich angepasst an alles um uns herum. Trotzdem wurden wir weiterhin wunderlich angeschaut, teilweise ignoriert oder belächelt. Mittlerweile nach zwei gemeinsamen Tagen auf engstem Raum haben wir uns auf einander eingestellt, werden morgens mit einem Lächeln begrüßt und ab und zu sogar mit einem scheuen ‚hello‘ gefolgt von leisem Gekicher der kleinen Mädels im Zug. Es wurde bereits um 22Uhr das Licht ausgemacht und alle Chinesen sind schlafen gegangen. Dafür hieß es dann aber auch um 5.30Uhr schon wieder aufstehen und Essen kochen. So lecker Suppe und allerlei Getier dazu ist nun wirklich nicht das, was man sich als Europäer morgens um 5.30Uhr zum Aufstehen wünscht. Egal, wir sind ja hier, um andere Kulturen kennenzulernen. Das tun wir hiermit! Leider war dank der vielen chinesischen Freunde unserer Abteilmitbewohner tagsüber kein Sitzplatz für uns zur Verfügung und so machten wir uns von Coach No12 auf die Suche nach dem Restaurant, dass es angeblich geben sollte. Silke, danke noch mal für dein Zeigewörterbuch, dank des Zeichens mit Messer und Gabel haben wir tatsächlich das Restaurant in Coach No7 gefunden. Passieren mussten wir auf dem Weg allerdings 4 Waggons Softseater vollgestopft mit Menschen über Menschen, übereinandergestapelt, auf dem Boden liegend. So sieht also die Holzklasse in chinesischen Überlandzügen aus. Im Bordrestaurant angekommen gab es dann ‚freezing cold aircon‘ aber auch die tollsten Fensterplätze, Cola und lecker Kaffee zum Frühstück.

Zeichensprache1   Bordrestaurant   Buch         Zaehneputzen

Seither verbringen wir unsere ganze Zeit dort, haben schon Freundschaft mit den Kellner geschlossen und genießen dabei die wundervolle Landschaft. Es wird immer bergiger, einsam ohne Ende, vereinzelt ein paar Yakheerden und ein paar Seen. Den Pass von über 5000m haben wir bereits hinter uns.

Landschaft China   Landschaft Tibet

Wir sind ja davon ausgegangen, dass den Waggons automatisch Sauerstoff zugeführt wird. Tja, dem ist natürlich nicht so. Wer Sauerstoff benötigt, muss sich eine Maske holen und kann diese dann an extra dafür vorgesehenen Buchsen anschließen. So akklimatisieren wir uns gerade mit viel Wasser und Tee an die unglaublichen Höhen von über 5000m in dieser so wundervollen Landschaft. Uns bleibt alle paar Minuten die Luft weg vor unerwartet traumhafter Blicke auf schneebedeckte Berge, Wolken durch die wir einfach mit dem Zug durchfahren und Seen soweit das Auge reicht…Das ist der wohl schönste Arsch der Welt, den wir je gesehen haben.

Berge Tibets   schneebedeckte Berge

Es liegen jetzt noch ca. 6 Stunden Fahrt vor uns, bis wir endlich Lhasa erreichen werden. Wären wir von Beijing nach Lhasa geflogen, hätten wir wohl kaum so viel erlebt, erfahren und gesehen. Wir sind gespannt, auf das was uns in Tibet erwartet.

Lhasa, 08.07.2009

Wir sind angekommen!!! Uns macht die Höhe von 3658m hier in Lhasa ganz schön zu schaffen. Die Luft ist so unglaublich dünn hier oben. Darum haben wir unseren day off auf heute verlegt und akklimatisieren uns mit Ingwertee und viel Ruhe bis es dann morgen als erstes zum Potala Palace geht!!

Andy und Friso, wir freuen uns riesig, dass ihr die EBC Tour gebucht habt. Geht vorher aber lieber noch mal ins Hoehentrainingslager 😉