Welcome to Kathmandu

Empfangen wurden wir in Nepal mit ausgebreiteten Armen…es fühlt sich an, als würden wir auf eine bestimmte Art nach Hause kommen…

Aber erstmal von vorne…

Am Sonntag ging es in Lhasa nach einem schönen Dachterrassenfrühstück recht früh morgens los. Samt Guide und unserem super Fahrer fuhren wir ein letztes Mal durch die Stadt, entlang am Potala Palace hinaus ins tibetische Hochland. Die Gesamtstrecke von Lhasa zur nepalesischen Grenze Zhangmu beträgt ca. 900km.

Frühstück auf der Dachterrasse     Potala Palace

Derzeit ist es nicht möglich als Individualreisender durch Tibet zu reisen. Man bekommt vor allem keine Permit, und ohne Permit kannst du nicht einmal eine Tempelanlage oder ein Museum besuchen, geschweige denn die Grenze nach Nepal passieren. So muss man nun also eine ‚Gruppe‘ bilden. Gruppe kann auch ein einzelner Reisender sein, allerdings benötigt man einen Guide und einen Fahrer samt Wagen. Wir haben also unsere eigene kleine Gruppe zu zweit gebildet, 10 Tage Tibet bis zum Grenzübergang nach Nepal. Das hat wirklich alles wunderbar geklappt, auch wenn es derzeit kein Schnäppchen ist, nach Tibet zu reisen. Aber wer weiß, wann man wieder die Gelegenheit bekommt, dass Land zu bereisen?!

Wir fuhren also am Sonntag als erstes ca. 260km auf dem Friendship Highway Richtung Gyantse (‚Königlicher Gipfel‘), einer kleinen tibetischen Stadt, die ehemaliger Umschlagplatz für Yak- und Schafswolle war, was kaum vorstellbar ist bei dem kleinen Dorf auf 4.040m Höhe, das heute durch seine chinesischen Betonbauten gekennzeichnet ist. Auf dem Weg dorthin konnten wir uns kaum sattsehen an dem wunderschönen Bergpanorama mit schneebedeckten 7.000ern um uns herum. Noch waren die Strassen wunderbar geteert, alles suppi und unser Fahrer konnte trotz 40kmh Speedlimit mit fast 100 Sachen durch die kurvige Landschaft kacheln. Eines muss man ihm lassen, er hat uns lebend bis zur nepalesischen Grenze gebracht, trotz der widrigen Strassenverhältnisse!

Himmel überm Hochland    Fahrer, Nils&Guide 

Erstes absolutes Highlight war die Fahrt zum Yamdrok Pass hinauf, eine enge endlos in den Hang gewundene Strasse mit Blick ins Tal. Oben am Pass angekommen auf ca.4.900m Höhe eröffnete sich uns der wundervolle Blick auf den längsten See Tibets, den Yamdrok Lake. Das war mehr als beeindruckend dort oben zu stehen und auf den See herunter zu schauen. Der See breitet sich in Form eines Skorpions aus und misst von Ost nach West über 130km und zählt zu den drei heiligen Seen Tibets. Die Strasse führte nun entlang des Sees und wir entdeckten die besten Kitespots am See, Flachwasser, viel Wind und eine atemberaubende Umgebung. Naja, nicht ganz so gut angebunden wie St Peter Ording, aber das ist mal was besonderes: Kitesurfing in Tibet! Falls es mit der Architektur irgendwann nicht mehr klappen sollte, machen wir hier unser Business auf 😉

Pass am Yamdrok Tso     Floh u. Fricke am Yamdrok Tso

Nach dem Lunch ging es weiter nach Gyantse, wo wir uns die Tempelanlage ‚Pälkhor Chöde‘ ansahen mit der einzigen in Tibet erhaltenen ‚Kumbum Chörten‘, der ein dreidimensionales, begehbaresMandala darstellt. Nett. Bis spätestens 18Uhr allerdings mussten wir Shigatse noch erreichen, um uns dort die wunderschöne Tempelanlage  Tashi Lunpho (‚Berg des Glücks‘) anzusehen. Und da wir bereits so spät dort waren, hatten wir die Anlage fast für uns alleine. Danach gab es noch lecker Dinner und ein kühles Local Beer in einem netten Restaurant, danach ab ins Hotel. Unser Guide hatte uns schon beim Essen gesagt, dass er einen ‘very nice room‘ für uns bekommen hatte-wir waren gespannt. Das Hotel war recht abgewrackt (da wussten wir noch nicht, wie die folgende Nacht sein würde!) aber unser Zimmer war tatsächlich die Präsidenten Suite mit Wohnzimmer und Schlafzimmer, das Bett breit wie lang…das Licht funktionierte kaum, die Dusche gar nicht…nun gut, so ist es halt in den rural areas of tibet.

calling buddha     Floh und fricke

protector     tibetische Frau

Uns war vorher nicht wirklich klar, dass wir den folgenden Tag über 500km im Auto verbringen würden und dass es unglaublich anstrengend werden würde bei diesen tibetischen Strassenverhältnissen. Die ersten Stunden waren wunderschön, gewundene Strassen über Pässe bis zu 5.300m Höhe, weite Landschaft, traumhafte Ausblicke und 8.000er um uns herum. Und mit einem Mal lasen wir ein Schild: Mt. Everest Base Camp turn left! Und da lag er auch schon vor uns, der höchste Berg der Welt!! Majestätisch eingerahmt von schneebedeckten Bergen, umhüllt von einer recht dichten Wolkendecke schaute der Gipfel des Mt. Everest heraus!!! WOW! Wie auch damals in Darjeeling hatten wir das Glück, den wunderschönen Berg aus nächster Nähe zu sehen. Das bedeutet hoffentlich weiterhin viel Glück für unsere Reise!

Pass     Mt. Everest

Springfloh     Gebetsfahnen

Mit dem guten Gefühl, dass sich uns der höchste Berg der Welt gezeigt hat fuhren wir weiter gen nepalesischer Grenze. Gegen Mittag machten wir zum Lunchen halt in einem Kaff, das lediglich aus einer Strasse mit ein paar heruntergekommenen Häusern, ein paar Rudeln wilder Hunde und dem Snowland Hotel bestand. Das Hotel war mehr oder weniger eine Behausung, mehr nicht. Wir wurden also in einen Raum geführt, in dem lauthals chinesisches Fernsehen auf tibetisch übersetzt lief. Es gab Vegetable fried rice und chow mein, das allerdings von sonst woher gebracht wurde und auch so schmeckte. Das Klo bestand mal wieder nur aus einer Hütte mit einem Loch im Boden und zwei Meter darunter tanzten die Fliegen Tango auf der Scheisse der letzten drei Wochen. Gut dass wir vorher gegessen hatten.

mittag     Rapsfeld

Wir waren froh, diesen gruseligen Ort zu verlassen. Kurz hinter dem Ortsausgang gab es mal wieder einen Checkpoint. Chinesische Soldaten kontrollieren die Pässe und Permits. Während unser Guide also alles Formelle regelte, bemerkten wir zwei Backpacker, die am Strassenrand neben unserem Wagen hockten. Was machen zwei Backpacker ohne Auto ohne alles in the middle of nowhere?? Eine viertel Stunde später saßen die beiden Russinnen Ola und Masha bei uns im Wagen und wir fuhren gemeinsam Richtung nepalesischer Grenze. Die beiden durchgeknallten Russinnen sind aus dem Ural und sind seit Wochen mit dem Zelt quer durch Rußland, China und Tibet unterwegs, ohne Permit natürlich und nur mit Hitchhiking. Auch wenn beide wenig Englisch sprachen, hatten wir doch irgendwie viel Spaß zusammen, haben  uns Reisegeschichten erzählt, Olas wundervolle Fotos angeschaut (Ola ist Fotografin und hat mehr Objektive als Schlübber dabei) und gemeinsam die wunderschöne Landschaft genossen.

Ola und Masha     alle-zusammen

Am Nachmittag dann der erste ungewollte Stop: road construction work. Nun gut, dann warten wir halt ein Weilchen. ‘only 15 minutes, then we can go ‘ sagte unser Guide hoffnungsvoll. Das Weilchen weitete sich zu mindestens 3 Stunden aus, da wir erst warten mussten, bis die Strasse geteert war und alle Arbeiter nach Hause gingen. Mittlerweile war es 19Uhr und wir hatten noch richtig Strecke vor uns.

bus     Haarewaschen

kleiner Junge     tibetische Frau

Einige Zeit später erreichten wir die Ortschaft Nyalam. Sie liegt sozusagen am Ende des tibetischen Hochplateaus, wo alles noch karg und verlassen ist und von wo aus sich eine schmale Strasse eine grüne, tropische Schlucht von 5.000m Tiefe entlang des Hangs hinunter nach Nepal windet. Der Kontrast könnte nicht grösser sein, wie zwei verschiedene Welten wirkte das Erreichen der Schlucht mit seinen hunderten Wasserfällen, Bananenstauden am Strassenrand und dem plötzlichen feuchttropischen Klima. Die Strassenverhältnisse an sich sind schon absolut miserabel dort, aber nun während der Monsunzeit sind Teilabschnitte der Strasse kaum passierbar. Und neben unserem Autoreifen ging es stets mehrere tausend Meter tief in die enge Schlucht hinunter. Unweigerlich war man an die Strasse in Bolivien nach Coroico hinunter erinnert.

Aber unser Fahrer meisterte jede noch so enge Kurve und jeden Wasserfall, auch wenn es draußen mittlerweile stockduster wurde und wir bei dem funzeligen Scheinwerferlicht unseres Minivans kaum die Strasse erkennen konnten. Augen zu und durch, haben es ja bald geschafft – dachten wir. Gegen 20.30Uhr wurden wir ca. 10km vor dem Grenzort Zhangmu von einer endlosen Schlange on mindestens 50 Jeeps gestoppt. Wir liefen gemeinsam mit unserem Guide bis nach vorne und stellten fest, dass dort am Hang eine richtige kleine Strassenarbeiterstadt errichtet war mit Zelten und allem und dass dort eine Art Tunnel gebaut wurde, damit der Wasserfall während der Monsunzeit nicht immer die Strasse zerstört. Wie kleine Ameisen wuselten dort Arbeiter, Männer sowie Frauen, die mit Maschinen aus dem letzten Jahrhundert versuchten, diese Art Tunnel zu bauen. Wir richteten uns also darauf ein, dass wir ggf. die Nacht im Wagen verbringen müssten. Ola und Masha hatten bereits ihre Schlafsäcke herausgeholt und es sich hinten im Auto bequem gemacht. So versuchten wir wenigstens ein Auge zu zumachen. Ein paar Stunden später, gegen Mitternacht vielleicht, kamen uns plötzlich Jeeps entgegen. Die Strasse war also offen. Irgendwann konnten auch wir die Fahrt fortsetzen – endlich. Doch die Baustellenstrasse war fast nicht passierbar ohne 4WD und so schrabbelten wir mit dem Unterboden und Auspuff unseres Minivans über riesen Steine und fuhren durch  tiefe Schlammlöcher weiter die Strasse hinunter nach Zhangmu. Wir erreichen weit nach Mitternacht den Ort und stiegen in einem der schäbigsten Löcher ab, die wir bis dato gesehen haben. Dieser feucht modrige und muffelige Geruch nach Schimmel überall bescherte uns eine miese Nacht. Unser Abendbrot bestand auch nur aus einem Pott Trockensuppe und ein paar Keksen.

Wir waren mehr als froh, am nächsten Morgen auch ohne Frühstück im Bauch diesen Ort des Grauens zu verlassen.  Kurz unterhalb von Zhangmu war vor einer Brücke über die Schlucht der Grenzposten. Anstellen bei Foreigners! Die Schlange war nicht wirklich lang, ein paar Backpacker und eine riesige Reisegruppe aus Korea vor uns. Dies war übrigens der chinesische Grenzübergang, nicht der nepalesische Checkpoint und es wurde alles gefilzt auf der Suche nach verbotener Literatur oder irgendetwas Tibetischem. Bücher wie der Lonely Planet Tibet gehören zur verbotenen Literatur und werden umgehend konfisziert. So versuchte Nils unseren Tibetreiseführer ganz unten in Rucksack zu verstecken. Glück gehabt. Nach drei endlosen Stunden, aber auch netten Gesprächen mit anderen Backpackern aus Schweden, Holland und der Slowakei, verabschiedeten wir uns von unserem Guide, drückten ihm unser letztes chinesischen Geld in die Hand und überquerten mit einem guten Gefühl die Brücke über die Schlucht nach Nepal.

Zhangmu     Grenzübergang

Nils&Kabir     way to kathmandu

Zuvor hatten wir beim Schlangestehen einen nepalesischen Typen kennengelernt, der in Kathmandu lebt. Wir machten gleich mit ihm aus, gemeinsam ein Taxi (4WD) für die 4stündige Fahrt nach Kathmandu zu nehmen. Er wurde allerdings eine Stunde vor uns einfach an der Gepäckkontrolle durch gewunken. Er hatte aber tatsächlich am anderen Ende der Brücke auf uns gewartet, hat mit uns den nepalesischen Checkin am Grenzübergang gemacht und einen Fahrer organisiert. Nach dem Visacheck fanden wir uns umgehend in der Krankenstation wieder mit einem pekigen alten Fieberthermometer unterm Arm, das wohl schon unter hunderten nepalesischer Achseln an dem Tag klebte, ohne gesäubert worden zu sein. Nun gut. 97 Fahrenheit wurde in meinen Pass geschrieben. Keine Schweinegrippe. Und Nils? Wie ein Wunder war sein Fieber seit wir die Höhe verlassen hatten weg. Wir wollten lieber nicht wissen, wie die Quarantänestation aussieht…

Ab in den Jeep Richtung Kathmandu. Unser netter Begleiter Kabir arbeitet als Personalmanager bei Radisson und ist wirklich ein feiner Kerl und wir haben viel über Land und Leute von ihm erfahren auf der Tour. Heut abend wollen wir uns auf ein Bierchen mit ihm treffen. Die Landschaft war wirklich wundervoll, alles grünt und blüht hier und es ist wieder buntes Treiben auf den Strassen. Der Kontrast zu Tibet wurde uns in diesem Moment erst richtig deutlich. Tibet wirkte sehr traurig, ein wenig düster und verlassen. Nepal hingegen ist unglaublich fröhlich, bunt und lebendig.

kathmandu valley

Nun sind wir also in Kathmandu, wohnen im Tibet Guest House und lassen mal Fünfe gerade sein…das haben wir uns verdient nach der Tour durch Tibet!!

Neue Fotos werden auch gerade bei Flickr eingestellt!!

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